Diese Seite zeigt die Veranstaltung vom April 2018. Das nächste Hamburger Stimmsymposium findet vom 12. bis 14. April 2019 statt. Einzelheiten demnächst hier.

Hier erfahren Sie mehr über die Vorträge der diesjährigen Veranstaltung.

Spezielle Gesangstechniken – hard, heavy, healthy (Renate Braun)

Shout, Growl, Grunt, High Pitch Scream, Death, Pig Squeal, False Chords, Wet Fry, Metal Core? Diese Begriffe werden den meisten Stimminteressierten wohl nicht unbedingt geläufig sein und zunächst nicht mit dem Thema Gesangspädagogik in Verbindung gebracht werden. Dennoch gehören diese Techniken zum Gesangsalltag von SängerInnen aus dem Hardrock und Heavy Metal Genre sowie anderen Bereichen der populären Musik und können ebenso gründlich erlernt und jahrelang stimmgesund praktiziert werden wie altbekannte klassische Gesangstechniken.

Setzt man sich ohne Berührungsängste und mit Experimentierlaune mit der Hard & Heavy-Stimme und all ihren Besonderheiten in den Einstellungen des Stimmapparats, des Atemdrucks und der Resonanzverhältnisse auseinander, so kann man bei richtiger Handhabung feststellen, dass diese tatsächlich viel weniger böse, sondern durchaus gesünder und durchhaltefähiger ist als ihr Ruf. Zu diesem Ergebnis gelangte im Jahre 2012 auch die Leipziger Universitätsphoniatrie im Rahmen ihrer Forschungsreihe zum Thema Heavy Metal Stimme.

In ihrem Vortrag wird Renate Braun herausarbeiten, dass es möglich ist, mit nur einer Stimme – der eigenen – in vielen verschiedenen Stilistiken der nicht-klassischen Musik bestehen zu können und diese Stimme trotzdem gesund und flexibel zu erhalten. Das Wissen über anatomische Zusammenhänge und Körperarbeit ist dabei für die optimale Klanggestaltung unerlässlich und wesentlicher Bestandteil des in ihrem Lehrwerk „Das große Buch der Stimme“ enthaltenen POP-Baukastens.

Bei der Betrachtung spezieller Gesangstechniken im Rahmen des Hamburger Stimmsymposiums soll besonderes Augenmerk auf charakteristische Ansatzräume und Resonanzverhältnisse, Geräuschmuster, Druckaufbau und Schleimhautfunktion gelegt und in Video- und Hörbeispielen bzw. „live“ dargestellt werden. Mit ausgewählten Atem- und Stimmübungen können stimmschonende, gesunde Techniken erlernt, und dieses spezielle „Singgefühl“ auch am eigenen Körper erfahren werden.

Lebendigkeit und Varianz beim Sprechen – Wie die Arbeit an japanischen Gedichten die Ausdruckskraft schult (Simone Dorenburg)

Viele MitarbeiterInnen und Führungskräfte sprechen und präsentieren monoton und ausdruckslos. Aus Sorge, sich angreifbar zu machen und zu viel von der eigenen Persönlichkeit und Emotion freizugeben, verstecken sie sich hinter einer Sprechweise, die das Zuhören erschwert. Seit 20 Jahren arbeitet Simone Dorenburg mit Führungskräften und nutzt dabei zur Schulung von Lebendigkeit und Varianz gerne japanische Gedichte. Die Arbeit an (ins Deutsche übersetzte) „Haikus“ zeigt auf sehr eindrückliche Weise, wie die innere Haltung des Sprechers für das Verständnis unabdingbar ist. In ihrem Kurs stellt Simone Dorenburg diesen Ausschnitt aus ihrer Methodik vor. In praktischer Arbeit haben die Teilnehmenden sodann die Möglichkeit, selbst auszuprobieren, wie viele Ausdrucksvarianten in ihnen und in den Kurzgedichten stecken.

Flüstern – Mythen und Fakten (Dr. Susanne Fleischer)

Die Indikation zur Stimmschonung wird meistens dann gestellt, wenn eine Belastung des Stimmlippenepithels vermieden werden soll, beispielsweise nach einer Operation an den Stimmlippen oder bei einer Laryngitis. Ob Flüstern in solchen Fällen erlaubt ist, wird kontrovers diskutiert. Dabei stellt sich die Frage, was eigentlich beim Flüstern passiert bzw. warum es schädlich sein könnte.

Da beim Flüstern die hochfrequenten Glottisschläge fehlen und es nicht zu einem festen Glottisschluss kommt sondern höchstens zu einem vibrationslosen Aneinanderliegen der Stimmlippen, besteht aus unserer Sicht bei nicht zu stark gepresstem Flüstern keine Gefahr der Stimmschädigung. Wir stützen uns dabei u.a. auf eine vorangegangene Untersuchung an 100 Patienten, die transnasal flexibel videolaryngoskopiert wurden. Dabei wurde die individuelle Konfiguration der Glottis und der Supraglottis bei Stimmgebung und bei Flüstern in verschiedenen Lautheitsgraden beurteilt. Es konnte gezeigt werden, dass es für das Flüstern verschiedene Bewegungsmuster gibt und für Glottis und Supraglottis unterschiedliche Konfigurationen möglich sind.

Die Patienten, die bei uns phonochirurgisch mit Eröffnen des Stimmlippenepithels operiert wurden, dürfen flüstern – nach einer Einweisung, wie sie locker flüstern können. Hingegen werden sie sehr dringlich gebeten, Husten und Räuspern zu vermeiden, da wir darin eine starke mechanische Belastung für das die Stimmlippenepithel sehen. Dies können wir auch mit High-Speed-Aufnahmen verdeutlichen. Außerdem werden unsere Patienten aufgefordert, ab dem 5. Tag postoperativ mehrfach täglich leise Glissando-Summübungen durchzuführen, um das postoperative neu einwachsende Gewebe in den Stimmlippen zu dehnen und die Schwingungsfähigkeit zu verbessern.

Knochen klingen, Zellen singen – Die Knochenleitung für die Stimme (Evemarie Haupt)

Das Knochengerüst mit dem Zentrum der Wirbelsäule ist für unseren „Klangkörper“ Stimme die physiologische Grundlage. Diesem wird besondere Aufmerksamkeit geschenkt durch Qigong-Übungen im Stehen, welche osteopathischen Grundsätzen entsprechen, sowie über das Wahrnehmen der Knochenleitung für das Tönen unserer Stimme. Der authentische Stimmklang und das Hören mittels verschiedener Klangerfahrungen wird dadurch gestärkt, das diagnostische Hören in der Stimmtherapie unterstützt. Alle TeilnehmerInnen können die praktischen Übungen und Erfahrungen aus der „Integrativen Stimmtherapie und Stimmpädagogik“ direkt ausprobieren.

Sind Emil Froeschels’ Impulse heute noch wirksam? (Evemarie Haupt)

Der geniale Begründer der Logopädie, 2013 erschien sein „1. Lehrbuch der Sprach- und Stimmheilkunde“, hat der Stimmtherapie bereits damals eine besondere Beachtung geschenkt, da er selbst auch an der Wiener Musikhochschule Vorlesungen hielt. Seine grundlegenden Ansätze für die Stimmtherapie sind heute noch wirksam, und wir finden sie in vielen, auch neuesten Methoden für die Stimme, bestätigt. Es ist nicht nur die allseits bekannte „Kauphonation“, bei welchen nach den interessanten Hintergründen zu fragen ist, sondern insgesamt der eher psychosomatische Ansatz, den Froeschels vertreten hat – auch im positiven Spannungsfeld zur damaligen Berliner Ausrichtung.

Round Table : Therapie Stimmlippenparese – was ist möglich? Beitrag Evemarie Haupt (Evemarie Haupt)

Stimmlippenparesen sind individuell zu sehen und verschieden, wie bekannt ist.

In meinem Modell der „ISTP“ haben meine Kolleginnen und ich sehr gute Erfahrungen gemacht mit einem neuen Ansatz. Phoniatrische Aufnahmen aus dem LKH Salzburg zeigen überraschende Effekte, und Patientenaussagen bestätigen dies nach relativ wenigen Therapiestunden.

Das Prinzip „SOVTE“ (Birte Heckmann)

„SOVTE“ – Semi-Occluded Vocal Tract Exercises sind derzeit „in aller Munde“. Aber sind Übungen, denen eine partielle Verengung des Vokaltraktes zugrunde liegt, wirklich so neu? Was passiert da eigentlich, wenn ich das altbekannte und noch immer funktionierende Lippenflattern nutze? Wie erkläre ich meinen Patienten und Schülern, warum sie durch einen Schlauch ins Wasser blubbern oder durch Strohhalme summen sollen?

Die zugrunde liegenden physikalischen Wirkungsprinzipien werden in diesem Workshop „verbraucherfreundlich“ erklärt, endoskopische Aufnahmen einzelner Übungen sollen zum Verständnis beitragen. Ein Überblick über verschiedene Übungen und deren Weiterführung zum Alltagstransfer wird gegeben und teilweise selbst ausprobiert.

Stimmtraining mit Hand und Fuß (Michael Heptner)

beschreibt einfach und treffend einen zentralen Aspekt der Heptner-Methode.

Mit den Stimmsticks für die Hände und den Schultergürtel und die Gewölbesticks für die Füße ist es möglich in einfachen Übungen über unterschiedliche Bewegungsprinzipien verschiedene Stimmparameter gezielt zu unterstützen.

Die praktische Arbeit mit den Stimmsticks und den Fußgewölbesticks bedient sich reflexmäßiger Zusammenhänge im Rahmen neuronaler Vernetzungen zwischen Bewegungsmechanismen der Hände und Füße und denen der internen Kehlkopfmuskulatur. Unterschiedliches Greifen in der Hand, diverse Bewegungen der Schulterblätter, aber auch die motorische Koordination in drei verschiedenen Fußgewölben finden ihre Entsprechungen und direkten Reaktionen im Kehlkopf. Der Stimmeinsatz und -absatz, Schließ- und Öffnungsqualitäten, Tonhöhen- und Lautstärkeregulation spiegeln sich in Bewegungen der unteren und oberen Extremitäten wider. Hier sind es Prinzipien wie Beugen und Strecken, Bewegungen zur Mitte und zur Seite, Innen- und Außenrotation, aber auch verschiedene Qualitäten rhythmischer Bewegungsabläufe sowie Oppositionsbewegungen in Händen, Füßen und Schultergürtel, die im Workshop mit und ohne Stimme demonstriert und angeleitet werden.

Die Tatsache, dass sich bei den Übungen in der Regel schon vor stimmlich wahrnehmbaren Reaktionen u.a. eine angenehme, leichte Aufrichtung und Bewegung, aber auch Tiefenstabilisierung einstellt, ist sowohl ein günstiger Nebeneffekt als auch ein Zeichen dafür, dass der Körper über die Klarheit in verschiedenen Bewegungsprinzipien die Basis für den inkludierten Transfer in der Stimme leistet.

Visualisierung der Stimmlippen – gutes Endoskop, andere Diagnose? (Prof. Markus M. Hess)

Die Feinstruktur der Stimmlippen – Epithel und Lamina propria – ist entscheidend für die physiologische Schwingungsfähigkeit. Bei der Randstimmfunktion kann schon eine Veränderung im Submillimeterbereich die Stimmgebung empfindlich stören. Daher ist nicht nur die ‚hörende’ Diagnostik wichtig, sondern auch die Abbildungsqualität der Endoskope bei der Laryngoskopie und Stroboskopie. Doch spielt nicht nur die optische Auflösung eine Rolle, sondern auch die Nähe zum Objekt, also der Abstand von Endoskopspitze (=Objektiv) zur Stimmlippe. Wie man diese Nähe unter gut tolerierbaren Bedingungen erzielt, liegt entscheidend im manuellen Geschick der Endoskopiker. In diesem Kurs werden all diese Aspekte besprochen. Vor allem wird dargestellt, wie man auch mit älteren Endoskopen dennoch eine passable Visualisierung erreichen kann.

Altersstimme und Lipoaugmentation (Prof. Markus M. Hess)

Bei der Altersstimme steht die beidseitige Atrophie des M. thyroarytänoideus (= M. vocalis) im Vordergrund. Der Masseverlust, meist beidseits und symmetrisch, führt zu einer Glottisinsuffizienz (mangelnder Stimmlippenschluss) und resultiert in der typischen trockenen, gepressten Stimmgebung mit erhöhter Sprechstimmlage. Wenn die vorausgegangene Stimmübungsbehandlung und Stimmaktivität sowie weitere gezielte konservative Maßnahmen nicht zu einer deutlichen Stimmverbesserung führen, kann mit der einfach durchzuführenden Lipoaugmentation (Unterfütterung, Aufspritzung in Vollnarkose und ambulant) beider Stimmlippen mit körpereigenem Fett die oben beschriebene Veränderung ausgleichen. Bereits nach ca. 3 Wochen können Patienten lauter, resonanter und mit tragfähigerer Stimme sprechen und eine Verbesserung der Lebensqualität und der stimmlichen Kommunikationsfähigkeit erlangen.

From exercise to automaticity – How to facilitate habit changes (Jenny Iwarsson)

An important goal of voice therapy is that new behaviors are generalized and implemented in the patient’s spontaneous everyday communication. Such generalizations have the potential to minimize therapy dropout and affect follow-up treatment outcome. Research in human motor learning and skill acquisition disclose that some strategies in training favor stable long-term learning more than others. Furthermore, behavioral research in habit formation and habit change indicate that the goal of automaticity requires more than just achieving new skills. This lecture will present some theoretical underpinnings and practical suggestions to encourage automaticity of new vocal behaviors. Through the therapist's conscious and careful selection of exercises and their order, automaticity can be implemented by a successively increasing dosage of distraction in terms of e.g. increasing cognitive load.

The lecture will be held in English.

Customizing voice therapy (Jenny Iwarsson)

This course will present some principles of voice therapy based on laryngeal status and physiology. We will analyze sound- and video recordings of voice patients and discuss appropriate choice of therapy content, customized to the individual goal of intervention. Various voice therapy approaches and exercises will be addressed regarding evidence, efficacy, underlying mechanism and practical performance.

The course will be held in English.

Der Kult der hohen Töne (Jürgen Kesting)

Der Kult der hohen Töne – Probleme der Stimmung – „Are we too loud?“, gerade im Orchester gegenüber den Stimmen und „When is loud too loud?“ – Die im Studio manipulierte Stimme – Konkretisiert am Verdi-Gesang

Aufnahmetechnik (Ausstattung)– Zielgruppe Logopäden und Sänger (Malte Kob)

In diesem Vortrag werden Aspekte der Randbedingungen (Räume, Hardware, Software) und Anwendungen (Dokumentation, Analyse, Produktion) von Aufnahmetechnik für Stimmen erläutert. Neben den Unterschieden bei Mikrofonen und Audio-Hardware werden auch die bei Aufnahmen auftretenden Fehlerquellen und ihre Auswirkungen bei der Interpretation und Analyse von Stimmsignalen diskutiert.

Aufnahmetechnik (Anwendung) – Zielgruppe Logopäden und Sänger (Malte Kob)

In diesem interaktiven Kurs werden die wichtigsten Grundlagen der Aufnahme von Stimmen interaktiv erarbeitet und Fehlerquellen bei Aufnahmen demonstriert. Anhand einfacher kostenloser Software (Audacity, Praat) und günstiger und nicht so günstiger Hardware (Notebook, verschiedene Audiointerfaces und Mikros) wird die Nutzung eines Stimm-Aufnahmesystems für unterschiedliche Zwecke demonstriert. Interessenten können ein Notebook und ggf. ein passendes Audiointerface und Mikrofon zum Workshop mitbringen, Mikrofonständer sind vorhanden.

Belcanto in der Chorischen Stimmbildung (Werner Lamm)

Ist die Stimmbildung im Chor tatsächlich anders als für Solisten? – die Chorwerkstatt mit Werner Lamm zeigt, dass diese häufig vertretene Unterscheidung unnötig ist.

Werner Lamm, selbst ausgebildeter Opernsänger, unterrichtet seine Chöre nach der klassischen italienischen Gesangstechnik, wie sie seit 250 Jahren genreübergreifend erfolgreich angewandt wird. Begriffe wie „Fil di suono“, „Bocca ridente“, „Passaggio“, „Vokalausgleich“, „Einklang“, „Voix mixte“ und „Squillo“ werden praktisch erörtert und ausprobiert. Angestrebt wird ein homogener und lebendiger Klang und ein pfleglicher Umgang mit der eigenen Stimme.

It’s ALL in your hands (Jacob Lieberman)

The application of Osteopathic Medicine in diagnosis and treatment of Muscle Tension Dysphonia

Jacob Lieberman DO MA Reg Osteopath and Psychotherapist

Voice production is a physical and mental activity that requires good and synchronous function of the muscles and joints. The larynx is the smallest wind instrument which, unlike any other musical instrument is dynamic. A wind instrument requires a good and steady airflow. A dynamic instrument means that the vocal folds and the vocal tract (the equivalent of cords / rids and resonating chamber of a musical instrument)) are active throughout voicing to be able to deliver about three octaves of voice in a safe efficient and long durability.

Muscles and joints are subject to fatigue, strain, injuries overuse and a variety of other symptoms. Therefore, like any other physical activity of the body, those can be diagnosed properly and treated by trained therapists.

Voice complaints are diagnosed by ENT surgeons / Phoniaters. In the absence of vocal fold lesion, the vague diagnosis of “muscle tension Dysphonia (MTD)” is made and the patient is referred to a Logopaedic. This situation is an anomaly because the Logopaedic does not have the required knowledge to treat muscles tension and joints dysfunction while physical therapists have in-depth knowledge in this field of but have no knowledge of the larynx or voice.

Osteopathic principles such as structure governs function, the tissue causing symptoms and break down of compensation, combined with in-depth knowledge of functional anatomy of the breathing mechanism and larynx, brought about a diagnostic protocol and treatment procedure for voice dysfunction.

The workshop will demonstrate the application of the Lieberman protocol, in diagnosis of muscle tension, results of treatment and will practice participants’ hands on to feel their own laryngeal function.

Voce Elettrificata (Julia Mihály)

Die „elektrisierte“ Stimme, oder besser gesagt, die durch elektronische Geräte geschleuste Stimme, ist eine nicht mehr wegzudenkende Facette der zeitgenössischen Vokalperformance. Durch elektronische Klangsynthese-Verfahren kann die menschliche Stimme über gesangstechnische Grenzen hinaus beliebig erweitert werden. Jeder durchschnittliche, handelsübliche Laptop ist heutzutage leistungsstark genug, um differenzierte Klangmodulationen in Echtzeit umzusetzen. Dabei kann der Stimmklang simultan zum Live-Gesang von minimalen Nuancen bis hin zur Unkenntlichkeit verfremdet werden. Die Stimme kann aufgenommen und zeitversetzt in individuell gestalteten Repetitionsmustern wiedergegeben werden. Sowohl in einem Standard Stereo-Setup, als auch innerhalb einer Multikanal-Lautsprecherinstallation kann sie auf vielfältigste Weise durch den Raum bewegt werden. Die Steuerung entsprechender Klangsynthese- und Spatialisations-Parameter erfolgt stationär durch Verwendung von Mischpult-artigen Controllern oder durch verschiedene Formen von Sensorik, wodurch zusätzlich eine Anbindung von Klangmodulationen an performative Bewegungsabläufe ermöglich wird. Aktuelle Impulse für die zeitgenössische Aufführungspraxis kommen derzeit aus den Bereichen Wearable Controller und Neuro-Sensorik. Die zeitgenössische Vokalperformance birgt daher damit verbunden, besonders für SängerInnen, die elektronische Prozesse während der eigenen Vokalperformance selbst steuern möchten, neue Herausforderungen.

Praat für Anfänger (Frank Müller)

Die kostenlose Stimmanalyse-Software Praat hilft Einsteigern durch eine klare Strukturierung, sich in den vielfältigen Möglichkeiten zurecht zu finden. Neben der Mikrofonaufnahme oder der Verwendung aufgezeichneter Stimmsignale werden Möglichkeiten wie spektrale Darstellung und Anzeige der mittleren Sprechstimmlage demonstriert. Für Fortgeschrittene gibt es einen Ausblick auf die Verwendung von Erweiterungsmodulen.

Apps für Stimmanalyse (Frank Müller)

Welche aktuellen Apps auf dem Smartphone sind für eine Stimmanalyse geeignet? Was ist technisch machbar, was ist Spielerei? Im Workshop werden live die interessantesten Entwicklungen demonstriert.

Die Randstimme im klassischen Gesang – ein zu formender Rohdiamant (Jale Papila)

Eine noch nicht ausgebildete klassische Singstimme ist oftmals wie ein geheimnisvoller Edelstein: ein unbearbeiteter, ungeschliffener Rohdiamant, dessen Güte allenfalls erahnt werden kann. „Qualität, Reinheit und Glanz“ sind erst nach dem „Schleifen und Polieren“ erkennbar. In der Regel ist die auszubildende Stimme erst einmal in Höhe, Mittellage und Tiefe aufzubauen, von überflüssigen Spannungen zu befreien und behutsam zu Leistungsfähigkeit, Ausdruck und individueller „Schönheit“ zu führen. Ein wesentlicher Aspekt, der dazu beiträgt, ist eine mühelose Randstimmfunktion in allen der jeweiligen Stimme zur Verfügung stehenden Tonlagen. Klassische Sänger erlernen den bewussten Einsatz der Randstimme insbesondere, um hohe Gesangspassagen leicht und mühelos singen zu können.

Was aber ist diese empfindliche Randstimme und warum ist ihr Stellenwert in der klassischen Gesangspädagogik so hoch? Den Teilnehmenden dieses Kurses wird anhand von endoskopischen Aufnahmen die Funktion der Randkantenschwingung erklärt. In Live- und CD-Ausschnitten werden musikalische Beispiele gezeigt, in denen der klangliche Einfluss der Randstimme gut zu hören ist. Dabei wird deutlich, welche Anforderungen die Musikliteratur an die Feinmotorik der Singstimme stellt. In praktischer Arbeit werden Übungen, welche die Randstimmfunktion wecken, vermittelt.

Menopause und Stimme (Berit Schneider-Stickler)

Die Stimme unterliegt ähnlich wie andere Teile des Körpers physiologischen Alterungsprozessen. Stimmveränderungen im Alter gehen bei beiden Geschlechtern teilweise auf hormonelle Umstellungen zurück, bei der Frau deutlicher und rascher während der Menopause und Postmenopause. Schweißausbrüche, Hitzewallungen, Schlafstörungen, Unruhe, Gewichtszunahme (bis zur Adipositas), und Schleimhauttrockenheit zählen zu den typischen biologisch-physischen und psychischen Veränderungen in dieser Lebensphase. Die klimakterischen Beschwerden sind individuell sehr verschieden.

Im Klimakterium kommt es aufgrund der Ovarialinsuffizienz zu Veränderungen im Hormonhaushalt. Da geringe Mengen männlicher Hormone weiterhin von Nebennieren und Ovarien gebildet werden, tritt eine prozentuale Verschiebung des Verhältnisses zwischen Östrogenen und Androgenen zugunsten der Androgene ein.

Typische postmenopausale Stimmbeschwerden sind: Räusperzwang, Globus, Trockenheit, Hüsteln und Stimmbelastungsprobleme. In eigenen Untersuchungen wurde stimmlichen Veränderungen und den daraus resultierenden Problemen bei klimakterischen Patientinnen nachgegangen. Es wurden 105 Frauen im Alter von 37–66 Jahren (Mittelwert: 53,6 Jahre) untersucht. Etwa die Hälfte gab stimmliche Auffälligkeiten an, bei 35 dieser Patientinnen (33%) gingen die Stimmveränderungen sogar mit einem Störungs- bzw. Krankheitsgefühl einher. Einige dieser Patientinnen wurden anschließend stimmdiagnostisch untersucht und mit einer Patientinnengruppe ohne subjektive Stimmprobleme verglichen. Virilisierungserscheinungen der Stimmen konnte bei den meisten klimakterischen Frauen bestätigt werden: Die indifferente Sprechstimmlage lag bei 175 Hz und damit etwa 4 Halbtöne unterhalb der Sprechstimmlage junger stimmgesunder Frauen.

Stimmveränderungen im Klimakterium erfordern nicht nur eine sorgfältige Diagnostik, sondern auch eine individuelle Therapie, um dauerhafte sekundär-funktionelle Folgen zu vermeiden.

Stimmliche Auffälligkeiten in der Menopause sind für Ärzte und Therapeuten eine Herausforderung, zumal persönlicher Ehrgeiz und beruflicher Erfolgsdruck bei den Betroffenen vielfach eine gesunde und leistungsfähige Stimme voraussetzen.

Plastische Artikulation für die Klangformung, Verständlichkeit und Atemunterstützung (Uwe Schürmann)

Die Qualität der Artikulation ist für die Verständlichkeit und die Entwicklung einer leichten, tragfähigen, dynamischen und klangvollen Sprech- wie Singstimme von großer Bedeutung. Das rührt natürlich daher, dass Artikulation und Stimme gleichermaßen Funktionen der Ausatmung im Wechselspiel mit Ventilspannungen sind. Allerdings: Es gibt sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede!

Die „Plastische Artikulation“ im Konzept der AAP bringt die Erfordernisse der Engstellenbildung und der Raumgestaltung auf einen Nenner. Die Leitlinien und entsprechenden Zielsetzungen der Artikulationsbewegungen sind daher:

  • vorn: für den vorderen Stimmansatz und die Schalltrichterfunktion
  • schlank: für die Entlastung der Rahmenmuskulatur und den Vokalausgleich
  • wenig behaucht: für physiologische Stimmeinsätze, Klarheit der Töne, Atemökonomie
  • federnd: für einen günstigen Lautgriff, Entlastung der Rahmenmuskulatur, Weitung des Vokaltraktes, Unterstützung des Prinzips „Raum statt Druck“, dynamische Zwerchfellakzente

In diesem Workshop wird das Funktionsverständnis anhand von Übungsbeispielen und Videoaufzeichnungen erlebbar. Einfache Einstiegs- und differenzierte Hochleistungsübungen runden das Gesamtbild ab. Fragen und praktische Beispiele der Teilnehmenden sind herzlich willkommen!

Stimme im System – Systemische Therapie in Stimmtraining und Auftrittscoaching (Christine Steffen)

Atmung, Artikulation, Tonus und Haltung sind Basisfaktoren der Stimmarbeit. Die Optimierung dieser Bereiche zieht häufig einen unmittelbaren Erfolg im Stimmtraining nach sich.

Trotzdem beobachten wir manchmal, dass der Trainingserfolg sich nicht in den Alltag transferieren lässt. Sogar erfahrene „Stimmprofis“ bleiben unter ihren eigentlichen Möglichkeiten oder leiden unter Auftrittsängsten und Stimmblockaden. Sie fühlen sich, als würden sie sich selbst im Weg stehen – irgendetwas hält sie davon ab, ihr stimmliches Potential voll zu nutzen.

Hier kann der systemische Ansatz das Handlungsrepertoire des Stimmtrainings erweitern. Wenn die Ursachen nicht nur im körperlichen, sondern auch im psychischen Bereich liegen, bietet die Systemische Therapie einen lösungs- und ressourcenorientierten Ansatz. Dieser ermöglicht gewünschte Veränderungen durch einen Perspektivwechsel auf die Symptome.

Systemische Therapie geht davon aus, dass bei Problemen grundsätzlich das System selbst die Lösung kennt. Denn alles, was Menschen machen und fühlen, ergibt innerhalb des jeweiligen Systems einen Sinn, der auch leidvoll sein kann. So paradox es klingt – aus systemischer Sicht gilt: Probleme sind auch Lösungen.

Akzentmethode (Prof. Karl-Heinz Stier)

Die Akzentmethode ist eine dynamische und rationelle Stimm-und Sprechtherapiemethode, die Atmung, Phonation, Körperbewegung, Gestik, Artikulation und Sprache koordiniert. Sie ist ICF orientiert und wird individuell an die PatientInnen und die Störungen angepasst.

Die Akzentmethode wurde ab 1932 von Prof. Dr. Svend Smith entwickelt und in Zusammenarbeit mit Dr. Kirsten Thyme-Frøkjær und Prof. Børge Frøkjær-Jensen zu einem therapeutisch-pädagogischen Konzept für die Behandlung pathologischer Sprechstimmen mitentwickelt und weiter verfeinert.

Die Akzentmethode wurde systematisch aufgebaut. Die Rhythmik und Ausdruckbewegungen des Sprechens und die individuelle patientenzentrierte Vorgehensweise sind wichtige Elemente der Methode.

Die Akzentmethode bietet ein wissenschaftlich evaluiertes und evidentes Übungsprogramm für die Behandlung von Stimm- und Sprechstörungen sowie von Stottern. Sie umfasst Übungen zu den Bereichen Entspannung, Atmung, Stimme und Artikulation und ermöglicht einen Transfer von den Stimmübungen zum lauten Lesen und zur mündlichen Kommunikation. (Thyme-Frøkjær & Frøkjær-Jensen, 2014). Prof. Dr. K.-H. Stier wurde von K.Thyme-Frøkjær und B. Frøkjær-Jensen zum Lehrtherapeuten und Nachfolger der AM ausgebildet und ist zur Lehre berechtigt.

In dem Vortrag werden die Methode, das methodische Vorgehen innerhalb der Therapie sowie die AM im Rahmen der EbP (Evidence baced Practice) beschrieben.

In dem Workshop erhalten die TeilnehmerInnen einen praktischen Überblick über die Grundlagen und das Vorgehen der AM.

Ohne Pause ist auch keine Lösung (Julia Toubekis-Baumgardt)

Atemtraining für Pop-/Rocksänger und andere

Die Schnittstelle zwischen sängerischer Hochleistung und Stimmtherapie ist im Rock-/Pop-Gesang, wie auch in anderen Genres manchmal sehr fein. Die Möglichkeiten, die der natürliche Rhythmus der Atmung an dieser Stelle bietet, sind ein Zugewinn an Lebendigkeit, Flexibilität und Gesundheit.

In vielen Gesangsmethoden liegt der Fokus, wenn es um die Atmung geht, bei der Ein- und der Ausatmung, bzw. der Phonation. In diesem Kurs lenken wir allerdings den Fokus auf eine ganz andere Stelle: die Atempause als Lösungsphase.

Das Integrieren dieses unverzichtbaren und natürlichen Momentes beim Singen und Sprechen optimiert die Qualität aller Atemphasen beträchtlich und hält die Muskulatur flexibel.

Mit konkreten Übungen und Beispielen erleben wir die Bedeutung des natürlichen dreiteiligen Atemrhythmus – generell und in Leistungssituationen – und wie dieser Lösung in der Spannung ermöglicht und die Leistungsfähigkeit steigert.

Masterclass Popularmusik: Belcanto am Broadway (Prof. Noëlle Turner)

Belcanto als Genre-Neutrale Stimmtechnik.

Durch die wachsende Relevanz von Pop- und Musical-Gesang werden heutzutage viele Gesangspädagogen vor neue Herausforderungen gestellt.

Jeder Sänger in jedem Genre benötigt eine gut funktionierende Mechanik, um sich künstlerisch und musikalisch frei ausdrücken zu können.

Wenn man sich mit den Gedanken der Meister des Belcanto beschäftigt, stellt man fest, dass sie uns eine Grundlage überliefert haben, die sowohl für den klassischen Gesang, als auch für Pop/Musical anzuwenden ist.

Diese Masterclass beschäftigt sich zunächst mit den stimmlichen Mitteln, die jeder Sänger braucht, um leistungsfähig zu sein. Die Gemeinsamkeiten reichen vom Aufbau der Atmung, der Körperspannung, über Vokalarbeit, bis hin zur Entwicklung und Koordinierung der Register.

Danach setzen wir uns mit den Gegensätzen auseinander und vergleichen der Positionierung des Kehlkopfs und des Gaumens, die Registerbehandlung, die Resonanzstrategien, die Ansatzmöglichkeiten, die Varianten in der Atmung und spezielle Qualitäten wie Twang und Belt.

Durch das erworbene Wissen über den Aufbau und korrekten Einsatz dieser stimmlichen Basis erwerben die Teilnehmer ein größeres Verständnis dafür, was in der Aufführungspraxis Gesang relevant ist: Nicht allein die Stilistik, sondern erst die richtige Technik ermöglicht es, sich allen Stilrichtungen – von der Klassik über Musical zum Popgesang – zuzuwenden.